Entdecken Sie die Republik San Marino

Entdecken Auf dem Gipfel von 738 Metern des solitären Berges “Titan” liegt San Marino. Der Name des Berges ist quasi paradox: Die Titanen der griechischen Mythologie waren Giganten. San Marino ist aber der kleinste Staat der Welt und stolz darauf, so klein und vor allem der antikste Staat zu sein. Sie hat ihren Ursprung in einer 1.500-Jahre alten Tradition: im vierten Jahrhundert hat sich der dalmatische Steinmetz Marino, der mit anderen Christen auf der Flucht vor den Diocletian war, auf der Suche nach einen sicheren Ort auf den schwer zugänglichen Berg versteckt...

Nach ein paar Jahrhunderten, während des Kampfes um die Belehnung, wächst San Marino zu einer Stadt mit Statuten und Staatsvertretern heran. Wir befinden uns im Jahr 1263. Es ist der Stadt des “Titano” über zwei weitere Jahrhunderte hinweg gelungen, ihre eigenen Grenzen zu vergrößern und 1462 ihre aktuelle Ausdehnung von 60,57 Quadratkilometern zu erreichen.

Sie verteidigte ihre Unabhängigkeit in höchsten Maßen, auch gegen die An- und Übergriffe der Bischöfe, Päpste und Herrscher der Umgebung. Als “Preis” erhielt sie die offizielle Anerkennung ihrer Autonomie, die in drei weiteren Momenten bestätigt wurden: Im Jahr 1740 von Papst Clemens XII, 1815 vom Wiener Kongress und 1862 vom neu gegründeten italienischen Staat.

Die Geschichte San Marinos ist vor allem die Geschichte des Mittelalters. Auch wenn die Zeit den Fortschritt brachte, scheint es, als würden die Jahrhunderte stillstehen. Die Hauptstadt ist ein ruhiger Marktfleck aus engen Straßen und Treppen, die Häuser bestehen aus Felsen und Stein, und überall verteilt befinden sich kleine Geschäfte.

Je höher man steigt, um so befestigter ist die Stadt. So war es im Mittelalter zur Verteidigung wohl üblich. Die dicken Mauern sind mit Zinnen versehen und enden in drei Burgen, die auf drei steilen Felsvorsprüngen stehen.



Der “Titan” dominiert die Landschaft und erscheint riesig und unendlich. Er dominiert die Landschaft, die Lungen und Geist erfüllt: im Süd-Osten befinden sich die samtigen Hügel der Romagna und Montefeltros, weit entfernte Straßen und die tiefe Stille der Landschaft.

Im Osten erspäht man etwas Flachland und dann, ganz plötzlich, die Adria. Sie vermittelt dem Auge den magischen Eindruck des Horizontes, der mit dem Himmel eins wird. Diese Burgen, diese stolzen Schlösser aus den dunklen Jahrhunderten vermitteln den Eindruck, als würde man das große Vermögen, auf dem San Marino seine Geschichte aufbaut, seine Unabhängigkeit und die moderne Industrie heutiger Zeiten und den Tourismus atmen können. Diese bezaubernde, natürliche Lage umschließt das Geheimnis einer Insel, die vom Rest der Welt isoliert ist.

Die Burgen stehen für das wahre Mittelalter. Danach kommt das, was man in das Mittelalter hinein interpretieren will. Sein aussagekräftigstes Monument ist der Regierungspalast, der streng und imponierend auf dem steilen Felsen über der Piazza della Libertà steht. Der Mittelpunkt des Lebens in San Marino. Der Palast besteht aus Felsbrocken, mit gotischen Bögen und großen Fenstern aus Glas mit Bleifugen. Auf dem Dach befinden sich Zinnen; es wird von einem ebenfalls bezinnten Turm, mit Turmuhr und Versammlungsglocke überragt. Es könnte sich um eine architektonische Konstruktion aus dem 14. oder 15. Jh. handeln. Nein: sie trägt die Handschrift des römischen Architekten Francesco Azzurri und wurde am 30. September 1894 feierlich mit einer Rede von Giosuè Garducci über die “ewige Freiheit” eingeweiht.

Die Verflechtung von Neuem und Altem findet man in San Marino häufig, das jenseits aller großspurigen, filologischen Erklärungen, den Eindruck der stilistischen Treue eines Staates vermittelt, dem sehr an seinem Ansehen gelegen ist und nicht nur an seiner Architektur. Und dass in der Erhaltung dieses Eindrucks der Großteil seiner Anziehungskraft liegt, die jährlich drei Millionen Menschen nach San Marino führt.

Ein Ausflug nach San Marino ist wie eine Reise in der Zeitmaschine. Hier ist alles, oder scheint alles, intakt. Ein antiker Marktfleck, der sein eigenständiges Leben lebt. Die Republik ihrerseits ? ohne sich um den Geschmack des Publikums zu kümmern- entspricht diesem geschichtlichen Aspekt und gibt ihm den richtigen Stellenwert.

Die institutionellen Zeremonien werden zu spektakulären Ereignissen mit Kostümen und jahrhundertealten Riten, Fahnenschwingern, Bannern und Wappen. In vielen anderen Örtlichkeiten organisiert man historische Aufführungen: hier ist das nicht nötig, das tagtägliche Leben ist bereits ein authentisches Wiederaufleben der Geschichte. Ein Beispiel. Nach den militärischen Regeln der Republik hat der Corps der Armbrustschützen, der mittlerweile über 600 Jahre alt ist, überlebt: früher waren sie Soldaten, heute sind sie Protagonisten folkloristischer Attraktionen, die auch im Ausland sehr geschätzt und von einer Gruppe Fahnenschwingern unterstützt werden.

Abgesehen von den theatralischen Aufführungen ist es in San Marino immer schön, sich unter die Menge (die immer groß ist) zu mischen und sich von Kopfstein gepflasterten Straßen, Plätzen, Monumenten, Kirchen bis zu den Burgen leiten zu lassen. Wenn es möglich wäre (aber es ist nicht möglich, denn es ist zu klein), könnte man sich verlieren, um sich dann unerwartet  vor einer neuen Sehenswürdigkeit oder überraschenden Aussicht wieder zu finden.

Es gibt, wie wahr, einige besonders empfehlenswerte Ziele: die Kirche San Francesco, die ihre Wurzeln im 14. Jahrhundert hat; die angegliederte Pinakothek, die u.a. Gemälde des Guercino und des Tiziano ausstellt; das Staatsmuseum, das außer der schönen Gemäldegalerie auch über eine Reihe von Zeitzeugnissen und Erinnerungsstücke der tausendjährigen Geschichte der Republik verfügt. Aber die wahre Schönheit von San Marino ist die Stadt, die Vitalität dieser Verflechtung von Gassen.



Hier entdecken wir einen weiteren Aspekt, welch plötzlicher Umschwung, von San Marino. Die Republik ist ein großer Bazar, der der kosmopolitischen Besuchermenge fantasiereiche und populäre Andenken jeglicher Art bietet. Viele dieser Andenken sind vom lokalen Klima inspiriert: Nachbildungen von Waffen, mittelalterlichen Wappen, Armbrüsten, Schwerten, Dolchen und Morgensternen. Viele Souvenirs sind “internationale” Spielsachen, Puppen und Scherzartikel “made in Taiwan”.

Und dann gibt es noch überall die Nachbildungen der Burgen, wie die Gondeln in Venedig und der schiefe Turm in Pisa, in allen möglichen Materialien und Größen. Die drei Burgen, das Staatssymbol, befinden sich auf den Briefmarken, einem weiteren blühenden Unternehmen des Staates: Das Briefmarkensammeln breitet sich von hier in alle Welt aus. In San Marino verkaufen die Kioske Ansichtskarten mit bereits frankierten Briefmarken. Die Post verbrennt immer wieder große Mengen von Briefmarken, da sich so der Wert der Briefmarken, die bereits im Umlauf sind, konstant hält.

Ein weiteres typisches Produkt, vielleicht das typischste, sind die so genannten Liköre. Viele lokale Unternehmen stellen davon hunderte verschiedene Arten her. Jedes Kramgeschäft hat damit die Regale voll, oft besitzen sie Etiketten, die von berühmten Marken inspiriert wurden. Die Fantasie der Hersteller kennt keine Grenzen ("wir stellen hier Liköre her und der Rest der Welt kopiert sie dann", behauptet stolz ein Verkäufer), und das merkt man auch an den Verpackungen.

Es gibt Flaschen mit der Form einer Geige, andere sind mit falschem Kork oder Leder bezogen oder besitzen einen Haken, um Gläser daran zu hängen. Wieder andere sind mit einem kleinen Messinghahn versehen. Für den sammelfreudigen Besucher gibt es dann noch Flaschen in Skulptur-, Felsen- und Brunnenform, mit der Form von Paola und Francesco, die sich umarmen, Oldtimern und die Venus von Milo. Für jeden Geschmack und jede gewünschte Größe, vom Stift- zum Regenschirmhalter.

Von den Flaschen abgesehen, sind im babylonischen Bazar von San Martino der Fantasie natürlich keine Grenzen gesetzt. Hier gibt es mechanische Papageie, die unsere Worte aufnehmen und wiedergeben; Feuerzeuge in Bombenform; kleine Plastiktoiletten mit der Aufschrift “öffne mich” und einem Wasserspritzer für den Gehorsamen; Samtschilder mit gekreuzten Schwerten; Schilder aus Terrakotta mit den üblichen Sprüchen wie “Der Mann ist wie ein Zug, mit zwanzig ein Intercity, mit dreißig ein Schnellzug”...

Man fragt sich ob es wirklich noch jemanden gibt, der bei ihrem Anblick ein ansteckendes Lachen unterdrücken muss. Vielleicht in San Marino. Denn hier gibt es das richtige Publikum, die richtige Arglosigkeit. Die entwaffnende Stärke der Einfachheit.

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